Titration – Wie erhalte ich genaue Messergebnisse?
Die Titration ist ein bereits seit über 200 Jahren bekanntes Verfahren. Dennoch ist sie noch heute eine der genauesten Methoden der Gehaltsbestimmung. Die Methode kam in den Anfängen insbesondere bei der Bestimmung des Silbergehalts von Münzen zum Einsatz. Denn weniger Silber pro Münze bedeutet mehr Münzen aus der gleichen Silbermenge. Deshalb musste diese Bestimmung so genau wie möglich sein. So konnte Gay Lussac den Silbergehalt einer Silbermünze bereits 1830 mit einer Genauigkeit von 0,05 % bestimmen.
Einflussfaktoren der Titration
Die Genauigkeit einer Titration hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Das unten aufgeführte Ursache-Wirkungs-Diagramm verdeutlicht am Beispiel einer argentometrischen Titration die Vielfalt der Einflussfaktoren auf die Messunsicherheit.
Die Genauigkeit des Molekulargewichtes durch unterschiedliche Isotopenverteilungen können wir aufgrund des geringen Einflusses außer Acht lassen.
Die Haupteinflussgrößen bleiben:
- Konzentration des Titriermittels
- Titrationsgenauigkeit
- Temperatur
- Einwaage
Die Konzentration von Silbernitrat verändert sich bei richtiger Handhabung im Laufe der Zeit nicht. Idealerweise wird die Flüssigkeit dazu in einer dunklen Flasche aufbewahrt und bei kühlen Temperaturen gelagert. Die Genauigkeit der Titration ist bei einer validierten Methode ebenfalls ein konstanter Faktor. Die Temperatur bleibt in den meisten Laboratorien durch eine Klimaanlage konstant.
Es bleibt demnach als variabler Faktor die Unsicherheit der Wägung der Probe (oder des Referenzmaterials) mit den systematischen und zufälligen Anteilen.
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Der Einfluss der Einwaage auf das Titrationsergebnis
Der Einfluss der Wägung lässt sich am einfachsten an einem Beispiel verdeutlichen. In diesem Fall an der Titerbestimmung von Silbernitrat (AgNO3) im Rahmen der Chlorid-Bestimmung. Das Referenzmaterial ist verfügbar als Natriumchlorid (NaCl) mit einem Molekulargewicht von 58,44 g/Mol. Für eine 0,1 molare Silbernitratlösung (AgNO3) bedeutet dies bei einer Einwaage von 58,44 mg einen Verbrauch von 10 ml. Dies gleicht dem Wert eines halben Bürettenvolumen bei einer 20 ml Bürette.
Es wird demnach eine Waage mit einer Auflösung von 0,01 mg benötigt. Eine solche Waage ist sehr empfindlich, woraus ein hoher Aufwand beim Aufstellen der Waage resultiert.
Eine einfache Analysenwaage mit einer Auflösung von 0,1 mg hat dagegen oft eine Spezifikation der Linearität +/- 0,2 mg und eine Reproduzierbarkeit von 0,1 mg. Einwaagen können demnach einen systematischen Fehler von +/- 0,3 mg aufweisen.
Das bedeutet bei einer Einwaage des NaCl in einem Bereich von 58,14 mg bis 58,74 mg, entsprechend 58,44 +/- 0,5% (Abb. 2 Beispiel-Spezifikationen einer 4-stelligen Analysenwaage; siehe Abb. 3 Genauigkeit in Abhängigkeit von der Einwaage). Das ist bereits das Zehnfache dessen, was Gay Lussac als resultierende Genauigkeit erzielte. Mit einem höheren Molekulargewicht wäre der relative Fehler kleiner. Kaliumchlorid (KCl) ist jedoch meist nicht in der erforderlichen Reinheit und nicht als Referenzmaterial verfügbar.
Die Einwaage ist nur ein Faktor von mehreren bei der Bestimmung der Messunsicherheit. Unter bestimmten Bedingungen ist er jedoch ein sehr entscheidender Faktor. Die Unsicherheit der Wägung mit den systematischen und zufälligen Anteilen lässt sich aber durch einfache Maßnahmen deutlich verringern, wie von Steckenreuter et al. [2] beschrieben.
Große Mengen
Es ist einfacher die zehnfache Menge auf einer 4-stelligen Analysenwaage einzuwiegen. In diesem Fall sind dies demnach 584,4 mg. Zur Steigerung der Genauigkeit wird jetzt nicht auf ein Volumen verdünnt, sondern das Wasser eingewogen. Beispielsweise 99,426 g auf einer 3-stelligen Waage (auch eine 2-stellige würde reichen). Werden jetzt von diesen 100,00 g in der Summe 10,00 g genau eingewogen und titriert, entspricht das exakt den 58,44 mg des NaCl für eine einzelne Titration. Durch die größeren Mengen ist dies in der Praxis oft um Faktor 10 genauer.
Es ist allerdings nur schwer möglich, die Einwaagen so genau hinzubekommen. Es können natürlich auch andere Mengen und Verhältnisse eingewogen werden. Die Menge der eingewogenen Probe bzw. des Referenzmaterials pro Titration wird dann zurückgerechnet.
Die Formel dazu lautet:
Einwaage = Gewogene Teilmenge x Einwaage Gesamtprobe / (Einwaage Gesamtprobe + Gewicht Wasser)
In dem gezeigten Beispiel bedeutet dies:
Einwaage NaCl pro Titration [g] = 10,000 x 0,5844 / (0,5844 + 99,426)
Auf diese Art können also auch sehr kleine Mengen für eine Titration verwendet werden. Und das ohne, dass Genauigkeit verloren geht.
Es gibt noch einige Tricks, um Fehler zu erkennen. Beispielsweise empfehlen wir bei einer Mehrfachbestimmung nicht immer die gleiche Einwaage zu verwenden, sodern immer unterschiedliche Mengen einzuwiegen. Mittels eines Linearitätstests lassen sich anschließend durchaus einige Fehler und Probleme erkennen, deren Vermeidung zu einer genaueren Titration führen.
Quellen und weiterführende Informationen
Quellen
Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung von SI Analytics.
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Dr. Jens Hillerich, Applikation Titration
Dr. Jürgen Peters, Head Applikation Titration
ISO/IEC Guide 98-3:2008: Uncertainty of measurement – Part 3: Guide to the expression of uncertainty in measurement.
ISO, Genf 2008, ISBN 92-67-10188-9.
W.Gernand, K. Steckenreuter, G. Wieland, „Greater analytical accuracy through gravimetric determination of quantity“,
Fresenius Z. Anal. Chem. (1989) 334:534-539
Informationen
Wasserbestimmung nach Karl Fischer zur Qualitätssicherung einer Probe
Konkrete Lösungsansätze in Applikationsberichten zur Titration
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