Sterilisieren von Flüssigkeiten und Abfällen in Flaschen

  23.07.2019Kategorie Wissen & How-To

Das Sterilisieren von Flüssigkeiten ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Labor. Flüssigkeiten sind gar nicht so einfach zu händeln, daher kann der Prozess mitunter sehr lange dauern und ist auch gar nicht so ungefährlich. Wir erläutern, was es entlang des Sterilisationsprozesses zu beachten gilt, damit einer sicheren und produktiven Sterilisation nichts im Wege steht.

Die Stolpersteine im Umgang mit Flüssigkeiten

Die Flaschen mit der zu sterilisierenden Flüssigkeit müssen für die Sterilisation offen oder zumindest angelüftet sein. Ein Teil der Flüssigkeit verkocht, Flüssigkeiten können überkochen und Flaschen können sogar bersten.

Vorab ist zudem noch zu klären, ob die Flüssigkeiten in den Flaschen überhaupt die gewünschte Sterilisationstemperatur von beispielsweise 121 °C erreichen. Und auch, wann die sichere Entnahmen aus dem Autoklav nach Beendigung des Sterilisationsprozesses möglich ist.

Die folgende Abbildung gibt Aufschluss darüber, was bei der Beladung des Autoklaven zu beachten ist. Bei Kühlung ohne Stützdruck dürfen die Flaschen nicht komplett verschlossen sein. Diese müssen mit zwei Umdrehungen geöffnet bleiben.

Die Beladung des Autoklaven bei der Sterilisation von Flüssigkeiten, Quelle: Systec

Der Prozess der Sterilisierung

Der Sterilisationsprozess für Flüssigkeiten besteht aus drei Phasen:

    1. Aufheizphase und Ausgleichzeit (H)
    2. Sterilisierphase, z.B. 121 °C für 20 Minuten (S)
    3. Kühlphase auf eine sichere Entnahmetemperatur (C)

Die untere Abbildung veranschaulicht die einzelnen Phasen grafisch. Die blaue Linie stellt hierbei die Temperatur im Druckbehälter des Autoklaven dar, die rote Linie zeigt die Temperatur in der Flüssigkeit. Es ist deutlich zu sehen, dass im Druckbehälter des Autoklaven sehr schnell die gewünschte Temperatur von 121 °C erreicht wird. Die Flüssigkeiten in den Flaschen benötigen dagegen deutlich länger, um die Sterilisiertemperatur zu erreichen.

Sterilisieren von Flüssigkeiten - Die Prozess in 3 Phasen

Der Phasen des Sterilisationsprozesses für Flüssigkeiten, Quelle: Systec

Die Wärmeenergie des Dampfes überträgt sich in der Aufheizzeit durch Kondensation auf die Flaschen. Dieser Kondensationsprozess und der damit verbundene Wärmeübergang benötigen einige Zeit. Dies erklärt auch den Zeitunterschied zwischen dem bloßen Aufheizen des Druckbehälters und dem Aufheizen der Flüssigkeit selbst. Die Zeit zur Temperaturangleichung von Druckbehälter und Flüssigkeit, nennt sich Ausgleichszeit.

Viele im Labor verwendete Autoklaven sind nach wie vor nicht mit einer Temperaturmessung in einem Referenzgefäß ausgestattet. Es erfolgt demnach keine Messung der Temperatur der zu sterilisierenden Flüssigkeit. Das bedeutet, dass die Autoklaven die Sterilisierzeit starten, sobald die gewünschte Temperatur im Druckbehälter des Autoklaven erreicht ist. Die Flüssigkeiten erreichen also nie die Sterilisationstemperatur von z.B. 121°C. Je nach Resistenz der zu inaktivierenden Mikroorganismen werden diese nur teilweise oder gar nicht inaktiviert. Die biologische Wirksamkeit des Sterilisationsprozesses ist entsprechend nicht mehr gegeben.

Temperaturmessung in einem Referenzgefäß

Durch Messung der Temperatur in einem Referenzgefäß mittels eines Temperatursensors, kann die genaue Temperatur der zu sterilisierenden Flüssigkeit ermittelt und auch zur Regelung des Sterilisationsprozesses herangezogen werden. Die Sterilisierzeit startet nur dann, wenn die gewünschte Sterilisationstemperatur in der Flüssigkeit erreicht ist.

Sterilisieren von Flüssigkeiten: Temperaturmessung in einem Referenzgefäß

Temperaturmessung in einem Referenzgefäß, Quelle: Systec

Das Referenzgefäß wird hierfür mit Wasser gefüllt. Wichtig ist, dass Größe und Füllstand des Referenzgefäßes dem des größten Gefäßes  gefüllt mit der zu sterilisierenden Flüssigkeit entsprechen muss.

Die Gefahren bei der Sterilisation von Flüssigkeiten

Der Temperatursensor zur Messung in einem Referenzgefäß wird also benötigt, um das Erreichen der Sterilisationstemperatur in der Flüssigkeit sicherzustellen. Dieser wird jedoch zusätzlich benötigt, um eine sichere Entnahmetemperatur nach der Sterilisation zu gewährleisten.

Die Flüssigkeiten heizen im Autoklaven über den normalen Siedepunkt (100 °C) auf. Durch die in die Flüssigkeit eingetragene Wärme, verbunden mit dem dazugehörigen Überdruck, können erhebliche Gefahren für den Bediener eines Autoklaven ausgehen. So kann es zum Beispiel zu einem Siedeverzug kommen. Das bedeutet, dass die Flüssigkeit beim Öffnen des Autoklaven spontan anfängt zu kochen. Dieses spontane Kochen erzeugt eine Druckwelle aus Dampf und heißer Flüssigkeit. Diese kann ähnlich wie ein Geysir aus den Gefäßen schießen.

1 Liter Wasser erzeugt 1000 Liter Dampf! Aufgrund dieses erheblichen Gefährdungspotenzials, unterliegen Dampfsterilisatoren die für das Sterilisieren von Flüssigkeiten eingesetzt werden, entsprechenden Regularien.

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    Sichere Entnahmetemperatur

    DIN EN 61010-2-040 fordert, dass Dampfsterilisatoren für die Sterilisation von Flüssigkeiten mit Sicherheitseinrichtungen ausgestattet sein müssen. Diese verhindern ein Öffnen des Autoklaven, wenn die Flüssigkeiten noch nicht auf eine sichere Entnahmetemperatur abgekühlt sind.

    Eine sichere Entnahmetemperatur definiert die Norm mit 20K unterhalb des Siedepunktes von Wasser bei atmosphärischen Umgebungsdruck. Dies entspricht einer sicheren Entnahmetemperatur von 80 °C. Moderne Autoklaven sind mit einer Temperatur- und Druckabhängigen Türverriegelung ausgestattet. Diese verhindert ein Öffnen des Geräts, solange der Druckbehälter unter Druck steht und solange die in der Flüssigkeit gemessene Temperatur oberhalb der geforderten 80 °C liegt.

    Häufig kommt in Laboren ein Autoklav mit einem Fassungsvermögen des Druckbehälters von ca. 150 Litern zum Einsatz. Wird ein solcher Autoklav voll beladen, kann ein gesamter Sterilisationszyklus bis zu 10 Stunden dauern. Das bedeutet, dass an einem Arbeitstag nicht einziger Sterilisationsprozess vollständig durchgeführt werden kann. Daher empfiehlt es sich, den Autoklaven mit einem Rückkühlsystem auszustatten, dass die gesamte Chargenzeit erheblich reduziert und weitere Gefahren und Nachteile bei der Sterilisation von Flüssigkeiten beseitigt.

    Rückkühlsysteme – Maximale Produktivität und Sicherheit

    Bei Rückkühlungssystemen für Autoklaven lassen sich grundsätzlich zwei Arten der Kühlung von unterschieden:

    1. Kühlung durch Evaporation – durch Verdunsten der Flüssigkeit
    2. Kühlung durch Radiation – durch Abstrahlung der Wärme aus der Flüssigkeit

    Die Kühlung durch Evaporation bzw. Verdunstung

    Dies ist wohl die am häufigsten verwendete Art der Kühlung. Dies können beispielsweise sein:

    • Selbstabkühlung durch langsamen Dampfablass
    • Ventilationskühlung – kalte Raumluft wird mittels eines Ventilators von außen an den Druckbehälter geblasen
    • Wasserkühlung ohne Stützdruck

    Nachteile dieser Kühlung

    Alle drei oben genannten Arten der Kühlung haben gravierende Nachteile bei der Sterilisation von Flüssigkeiten. Da bei diesen Methoden grundsätzlich ein Kochen der Flüssigkeit erforderlich ist, bergen sie ein erhebliches Gefahrenpotenzial, sobald der Prozess nicht ordnungsgemäß durchgeführt wird.

    1. Flüssigkeitsverlust

      Durch das Kochen in der Kühlphase geht ein Teil der Flüssigkeit verloren. Der zu erwartende Flüssigkeitsverlust liegt in der Regel zwischen 3 und 10 %. Er kann aber je nach Inhaltsstoffen deutlich höher ausfallen. Insbesondere wenn der Proteingehalt in der Flüssigkeit hoch ist, neigt diese zu stärkerem Kochen, was den Flüssigkeitsverlust steigen lässt.

    2. Überkochen

      Die Wahrscheinlichkeit, dass die Flüssigkeiten überkochen, ist sehr hoch. Um dies zu verhindern, sind Flaschen nur zu einem Drittel oder zur Hälfte zu befüllen. Dies wiederum zieht einen erheblichen Produktivitätsverlust nach sich, da 50 bis 70 % der verfügbaren Kapazität (in den Flaschen) verloren geht. Zum anderen kann das Überkochen nicht zuverlässig verhindert werden. Kochen die Flüssigkeiten über, muss der Autoklav aufwändig gereinigt werden. Im schlimmsten Fall, beispielsweise bei Agar-basierten Flüssigkeiten, kann das Rohrsystem durch ausgekühltes Agar verstopfen. Eine Reinigung des Systems ist dann häufig nur noch sehr kosten- und zeitintensiv durch den Hersteller des Autoklaven möglich.

    3. Explosionsrisiko der Flaschen

      Ein Kochen der Flüssigkeit ist nur bei geöffneten Flaschen möglich. Daher müssen die Flaschen offen oder zumindest angelüftet (Deckel wird leicht geöffnet) sein. Wird das Anlüften der Flaschen vergessen oder nicht richtig durchgeführt, kann die enthaltene Flüssigkeit in der Rückkühlphase nicht kochen und somit auch nicht abkühlen. Hat das Referenzgefäß die Kühltemperatur von 80 °C erreicht und erlaubt somit das Öffnen des Autoklaven, ist / sind die fest verschlossenen Flasche / n noch immer auf Sterilisationstemperatur. Mit dem dazugehörigen Druck, von beispielweise 121 °C, 2bar. Dies stellt ein erhebliches Risiko dar, da diese Flaschen beim Entladen des Autoklaven explodieren können und die darin enthaltene Flüssigkeit, ähnlich dem Siedeverzug, spontan verdampfen kann. 1 Liter Wasser erzeugt 1000 Liter Dampf!

    Es empfiehlt sich also bei der Beschaffung eines Autoklaven genau zu definieren, für welche Applikationen dieser genutzt und wie er in Bezug auf Produktivität und Sicherheit ausgestattet sein soll.

    Kühlung durch Radiation

    Die Schnellrückkühlung mit Stützdruck hat erhebliche Vorteile ge

    Sterilisieren von Flüssigkeiten: Die Kühlung durch Radiation (Schnellrückkühlung mit Stützdruck). Quelle: Systec

    genüber der Kühlung durch Verdunstung. Bei der Schnellrückkühlung mit Stützdruck, wird der Druckbehälter durch außenliegende Kühlschlangen vollflächig mit kaltem Wasser gekühlt. Bevor die Kühlung nach der Sterilisierphase aktiviert wird, wird der im Druckbehälter befindliche Dampf durch steril-filtrierte Druckluft ersetzt. Die Druckluft verhindert in der Kühlphase zuverlässig das Kochen der Flüssigkeit. Die Wärme wird aus der Flüssigkeit durch Radiation an die kalten Wandungen des Druckbehälters abgegeben und die Flüssigkeit somit abgekühlt.

    Die Schnellrückkühlung mit Stützdruck erlaubt einen erheblichen Produktivitätsgewinn, da die Prozesszeiten im Vergleich zur Selbstabkühlung deutlich verringert werden. Während die Selbstabkühlung noch bis zu 10 Stunden für einen gesamten Autoklavier-Vorgang benötigt, reduziert sich die Rückkühlzeit bei dieser Methode um bis zu 60 %.

    Da das Kochen der Flüssigkeiten nicht erforderlich ist, entfallen sämtliche dadurch hervorgerufene Gefahren und Nachteile. Wie beispielsweise der Siedeverzug, Flüssigkeitsverlust, Überkochen und die Explosionsgefahr verschlossener Flaschen. Bei dieser Art der Kühlung dürfen die Flaschen bis zum maximalen Füllstand gefüllt werden, was einen Produktivitätsgewinn von 50 bis 70 % erzielt.

    Prozesszeiten bei der Kühlung weiter optimieren

    Moderne Autoklaven bieten die Möglichkeit, die Kühlung von Flüssigkeiten in Modulen weiter zu optimieren. Dies erhöht die Produktivität zusätzlich, hat aber auch Einfluss auf die Qualität der zu sterilisierenden Flüssigkeiten. Denn viele Flüssigkeiten enthalten Inhaltsstoffe, die nicht sehr hitzestabil sind. Bei diesen Flüssigkeiten gilt es die Zeit, in der sie der Hitzeeinwirkung ausgesetzt ist, so kurz wie möglich zu halten.

    Kühlung mit Stützdruck und Radialventilator. Quelle: Systec

    Modul 1 – Radialventilator

    Der Radialventilator erzeugt während der Kühlphase einen Luftstrom im Druckbehälter des Autoklaven. Dieser Luftstrom zwingt die Wärme aus den Flaschen an die durch die Schnellrückkühlung mit Stützdruck gekühlten Wandungen des Druckbehälters. Durch dieses Verfahren verkürzt sich die Rückkühlzeit im Vergleich zur Selbstabkühlung um bis zu 70 %.

    Modul 2  – Ultracooler

    Der Ultracooler ist ein zusätzlicher, wassergekühlter Wärmetauscher, der direkt im Druckbehälter des Autoklaven integriert ist. Die Entnahme der Wärme erfolgt dadurch genau dort, wo sich befindet – nämlich im Druckbehälter. Durch den deutlich verbesserten Wärmeübergang reduziert sich die Rückkühlzeit im Vergleich zur Selbstabkühlung um bis zu 90 %.

    Hinweis: Die Installation eines Radialventilators oder Ultracoolers erfolgt im Inneren des Druckbehälters. Entsprechend ist darauf zu achten, dass sie den verfügbaren Nutzraum des Autoklaven nicht reduzieren.

    Mehr Infos zum Sterilisieren

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    Möchten Sie mehr über das Autklavieren erfahren? In Kürze erscheint ein Beitrag über das Sterilisieren von Festkörpern.

    Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Systec – unserem Partner für Autoklaven und Zubehör.

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