So wählen Sie das richtige Liquid Handling Gerät

  29.07.2021Kategorie Wissen & How-To, Wissenschaft

Das Dosieren unterschiedlichster Flüssigkeiten und Volumina gehört zu den alltäglichen Aufgaben im Labor. Als notwendiges Handwerkzeug kommen Pipetten und Dispenser zum Einsatz. Diese wesentlichen Dosiergeräte ermöglichen präzises und schnelles Arbeiten. Doch die Auswahl an unterschiedlichen Dosiergeräten ist vielfältig. Wie soll man da das richtige Werkzeug finden?

Technische Unterscheidung

Am häufigsten wird hierbei zwischen Direktverdrängern und Luftpolstersystemen unterschieden. Die beiden Systeme funktionieren ganz unterschiedlich und ermöglichen das Arbeiten mit nahezu jeder Flüssigkeit ohne Einbußen in der Genauigkeit oder Reproduzierbarkeit. Doch wie unterscheiden sich diese beiden Systeme und welche Vor- und Nachteile haben sie? Dieser Blogbeitrag vergleicht die beiden Funktionsprinzipien und zeigt auf, welche Eigenschaften Sie beachten sollten und unterstützt bei der richtigen Wahl für die jeweilige Anwendung.

Luftpolsterprinzip

Bild: Luftpolsterpinzip
Quelle: BRAND

Das Luftpolsterprinzip kommt überwiegend bei Pipetten vor und ermöglicht präzises Dosieren bei schneller sowie einfacher Handhabung. Auf- und Abbewegen des Kolbens im Pipettenschaft erzeugen ein Unter- beziehungsweise Überdruck. Dadurch wird in die Spitze Flüssigkeit gesaugt oder ausgestoßen.

Die Flüssigkeit ist hierbei aber stets durch ein Luftpolster vom innenliegenden Kolben und vom Pipettenschaft getrennt. So kommt Flüssigkeit bei korrekter Handhabung mit der Pipette selbst nicht in Kontakt. Dies ermöglicht eine kontaminationsfreie und gleichzeitig einfache Handhabung bei höchster Präzision.

Doch hier liegen auch die Anwendungsgrenzen des Systems. Medien, die das Luftpolster stark beeinflussen, können das Ergebnis verfälschen. So erschweren Flüssigkeiten mit hoher Viskosität oder auch leicht flüchtige Medien präzises Arbeiten.

Direktverdrängerprinzip

Bild: Direktverdrängerprinzip
Quelle: BRAND

Das Direktverdrängerprinzip wird häufig bei Mehrfachdispensern eingesetzt. Es gibt jedoch auch spezielle Pipetten, die nach diesem Prinzip arbeiten. Im Gegensatz zu Luftpolster-Systemen hat der Kolben des Direktverdrängers unmittelbar Kontakt zu der zu pipettierenden Flüssigkeit.

Der Kolben saugt die Flüssigkeit durch einen Unterdruck an und streift die Wände der Spitze bei der Abgabe sauber wieder ab – bis auf den buchstäblich letzten Tropfen, der deutlich sichtbar die Öffnung verlässt. Durch dieses Prinzip werden, unabhängig von der Flüssigkeit und dem Einfluss eines Luftpolsters, exakt reproduzierbare Ergebnisse erzielt.

Der Kolben ist bei den Luftpolstermodellen im Gerät mit verbaut und sitzt im Spitzenzylinder. Um kontaminationsfrei arbeiten zu können, muss dieser stets getauscht werden. Der Kolben ist, je nach Modell, deutlich aufwendiger zu wechseln als beim Luftpolstermodell und aufgrund des zusätzlichen Herstellungsaufwandes auch deutlich kostenintensiver.

ArbeitsprinzipVorteileGrenzen
LuftpolsterprinzipLeichtes und schnelles Auswechseln der Pipettenspitzen

Schnelles Serienpipettieren von langen Versuchsserien
Pipettieren von problematischen Lösungen (hohe Viskosität, leicht flüchtig, hohe Dichte oder schäumend) begrenzt

Luftpolster ist abhängig von vielen Faktoren
DirektverdrängerprinzipGeeignet für problematische Lösungen (hohe Viskosität, leicht flüchtig, hohe Dichte oder schäumend)Auswechseln der Spitze ist zum Teil sehr aufwendig

Tips sind kostenintensiv

Die richtige Wahl treffen

Die Kriterien für die Wahl des optimalen Geräts sind sehr vielfältig und das Angebot an unterschiedlichen Modellen ist groß. Häufig schränken hierbei die Eigenschaften des verwendeten Mediums bereits die Auswahl ein und zwingen den Anwender:innen zur Wahl eines Direktverdrängers. Das verwendete Medium ist somit eines der wichtigsten Kriterien, die bei der Wahl des geeigneten Dosiersystems eine Rolle spielt. Dennoch ist die Auswahl auch innerhalb einer Gruppe groß und es gibt meist verschiedenste Modelle, die alle nach einem Prinzip arbeiten.

Aus diesem Grund müssen auch die Anforderungen der Anwendung mit berücksichtigt werden. So muss zum Beispiel geschaut werden, wie oft eine Abgabe wiederholt werden muss, welche Gefäße Einsatz finden oder welches Volumen notwendig ist. Ein Gerät sollte optimal bei der Arbeit unterstützen, es muss intuitiv zu bedienen sein, Sicherheiten geben und den gewünschten Anforderungen optimal gerecht werden. Die nachfolgenden Erläuterungen verdeutlichen die Unterschiede der einzelnen Geräte und bilden eine Hilfe bei der Entscheidungsfindung.

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    Auswahlkriterien:

    Verwendetes Medium

    Das verwendete Medium hat vor allem bei Geräten, die nach dem Luftpolsterprinzip arbeiten, einen entscheidenden Einfluss und kann sich negativ auf die Genauigkeit der Dosierung auswirken. Viele Medien können ein präzises und reproduzierbares Arbeiten mit den Luftpolstermodellen erschweren oder machen es gegebenenfalls sogar unmöglich:

    • hochviskose oder benetzende Medien
    • Medien mit hoher Dichte
    • schäumende Medien wie Detergenzien
    • leicht flüchtige Flüssigkeiten
    • infektiöse Medien

    Mit einer gewissen Erfahrung und speziellen Tricks können auch diese Medien teilweise bei Luftpolstermodellen eingesetzt werden. Zum Beispiel mit Hilfe von reversen Pipettieren oder der Verwendung oberflächenbehandelter Low Retention Spitzen. Weitere Möglichkeiten sind die Sättigung des Luftpolsters durch mehrmalige Aufnahme und Abgabe des Mediums vor dem eigentlichen Pipettierschritt sowie dem langsamen Arbeiten.

    Am häufigsten machen vor allem hochviskose Medien Probleme und den Wechsel zum Direktverdränger unverzichtbar. Natürlich bietet die richtige Arbeitsweise Möglichkeit zur Optimierung, zum Beispiel durch langsames Dosieren. Aber wie an den Viskositätsgrenzen der einzelnen Geräte zu erkennen, sind die Unterschiede deutlich.

    LuftpolsterpipettenDirektverdrängerpipetteMehrfachdispenser
    Viskositätbis 260 mPa sBis 140.000 mm2/s (100 μl Nennvolumen)
    Bis 40.000 mm2/s (500 μl Nennvolumen)
    20 mPa s bei 50 ml PD-Tip
    260 mPa s bei 5 ml PD-Tip
    977 mPa s bei 1,25 ml PD-Tip

    In diesen oder ähnlichen Fällen sollten Sie auf ein Direktverdrängermodell wechseln. Durch den direkten Kontakt zum Kolben entfällt der Einfluss des Luftpolsters und ein exaktes Arbeiten ohne Genauigkeitseinbußen ist gewährleistet.

    Volumenbereiche

    Vor allem der Volumenbereich kann neben der Verwendbarkeit des Mediums ein weiteres Kriterium sein, nach dem das Dosiergerät ausgesucht wird. Gerade Geräte wie Einkanalpipetten, die auch bei kleinen Volumen hochpräzise arbeiten müssen, decken nur einen begrenzten Volumenbereich ab.

    Für die Anwendung ist es aber enorm wichtig, dass das gewünschte Volumen in einem Schritt abgegeben werden kann, um die Reproduzierbarkeit zu erreichen. Daher muss geschaut werden, welcher Bereich abgedeckt werden muss und welches Gerät die notwendigen Voraussetzungen hierfür mitbringt.

    Anzahl der Abgaben

    Neben dem abzugebenden Volumen ist auch entscheidend, wie oft dieses abgegeben werden soll. In manchen Versuchen muss jede Probe einzeln abgegeben werden. Manchmal ist es für die Anwendung aber auch sinnvoll, dass ein Volumen mehrmals nacheinander oder auch parallel abgegeben werden kann.

    • Einzelabgabe

    Wenn für die Anwendung zwingend erforderlich ist, ein Volumen ohne Risiko der Kontamination einmalig abzugeben, so eignen sich hierfür die Einkanalpipetten. Dies ist häufig der Fall, wenn es um kostbare Proben oder um molekulardiagnostische Versuche geht. Ein stetiger Wechsel der Pipettenspitzen verhindert eine Probenvermischung zuverlässig und stellt eine Kontaminationsvermeidung sicher.

    Doch was tun, wenn das Medium für die Verwendung der Luftpolsterpipette nicht geeignet ist? In diesem Fall kann auf einen elektronischen Mehrfachdispenser zurückgegriffen werden, der aufgrund der verschiedenen Betriebsmodi für gewöhnlich auch zur Einzelabgabe und somit als Direktverdrängerpipette verwendet werden kann.

    Alternativ gibt es auch mechanische Direktverdrängerpipetten auf dem Markt, was die kostengünstigere Lösung darstellt. Je nach Einsatzgebiet gibt es hier Modelle mit Spitzen zur Mehrfachverwendung für unkritische Anwendungen, bei der Kontaminationsvermeidung nicht an erster Stelle steht. Diese Lösung erspart Anwender:innen den häufigen Spitzenwechsel und somit Zeit und Kosten. Es gibt allerdings auch Direktverdrängerpipetten mit eingesetzten Spitzen und Kolben zur einmaligen Verwendung.

    Bild: Mehrfachabgabe von Volumina und parallele Ausführung
    Quelle: BRAND

    • Mehrfachabgaben

    Soll bei großer Probenanzahl jedoch der Ablauf vereinfacht und Zeit gespart werden, so kann es sinnvoll sein, mehrere Gefäße oder Wells parallel zu füllen. Das Vorlegen einzelner Reagenzien in mehrere Wells spart Zeit und ermöglicht ein reproduzierbares Vorgehen. Je nach verwendeten Gefäßen können hier unterschiedliche Systeme zum Einsatz kommen und die Anwendung deutlich vereinfachen. Nutzen Sie Platten im SLAS/ANSI Format, so sind Mehrkanalpipetten bis hin zum Pipettierroboter eine ideale Möglichkeit. Die Abstände entsprechen exakt diesem Format und so können Sie zuverlässig 8 beziehungsweise 12 Wells parallel befüllen.

    Komplizierter wird es, wenn die gewünschten Gefäße keinem Standard SLAS/ANSI Format entsprechen. Hier können Mehrkanalsysteme kaum eingesetzt werden. Auch hier kann der Arbeitsaufwand sehr verschlankt werden und eine sichere und präzise Abgabe gewährleistet werden, indem Sie beispielsweise auf eine elektronische Einkanal-Luftpolsterpipette im Dispensiermodus oder den Mehrfachdispenser als Direktverdränger zurückgreifen.

    Fazit

    Die Auswahl des richtigen Liquid Handling Gerätes hängt von einer Vielzahl an Kriterien ab. Neben den Medium, spielen die Anwendungsparameter wie Volumen, Abgabehäufigkeit und Abgabegefäß eine ausschlaggebende Rolle. Daneben muss das Gerät aber auch die Anwendung optimal unterstützen und einen Beitrag zur Effizienz im Labor leisten. Es gibt für jede Anwendung das richtige Gerät, wobei je nach Wertung der einzelnen Auswahlkriterien eine anwendungsbezogene Entscheidung zu treffen ist.

    Weitere Informationen:

    Dieser Blogbeitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Firma BRAND.

    Entdecken Sie die Geräte im Bereich der Luftpolsterpipetten als auch im Bereich der Mehrfachdispenser der Firma BRAND.

    GerätDirektverdränger /
    Luftpolstermodell
    VolumenbereichAbgabemöglichkeiten
    Transferpette® SLuftpolsterpipette0,1 μl – 10 mlEinzelabgabe
    Transferpette® S MehrkanalLuftpolsterpipette0,5 μl – 300 μlmehrere Abgaben parallel
    Transferpette® electronicLuftpolsterpipette0,5 μl – 5 mlschrittweises Dosieren möglich
    Transferpette® electronic MehrkanalLuftpolsterpipette0,5 μl – 300 μlmehrere Abgaben parallel;
    Schrittweises Dosieren möglich
    TransferpettorDirektverdrängerpipette1 μl – 10 mlEinzelabgabe
    HandyStep® SMehrfachdispenser
    Direktverdränger
    1 μl – 50 mlschrittweises Dosieren möglich
    HandyStep® touch / touch SMehrfachdispenser
    Direktverdränger
    1 μl – 50 mlschrittweises Dosieren möglich

    Abbildung komplexer Dosiervorgänge

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