Aktuelle Änderungen der DIN-Norm für Reinräume

Ob Medizintechnik, Kosmetikindustrie oder Raumfahrt: sie alle nutzen Reinräume in denen konstante Bedingungen herrschen. In dieser geregelten Umgebung wird der optimale Rahmen für Herstellungsprozesse geschaffen. Gleichzeitig stellen sie sicher, dass keine Partikel und Keime in oder aus dem Raum gelangen. Reinräume müssen eine Menge an Kriterien erfüllen, damit hergestellte Produkte den internationalen Vorgaben entsprechen. Zu diesen gehört die DIN-NORM EN ISO 14644-3, welche sich mit den Prüfverfahren für die Messung der Leistung von Reinräumen und den zugehörige Reinraumbereichen befasst. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen über Durchführung des Filterlecktests und den Prüfungen der Reinraumqualifizierung.

Änderung der DIN EN ISO 14644-3

Da der Reinraum als abgeschlossener Bereich nur betreten werden darf, wenn strenge Verhaltensregeln und baulichen Auflagen eingehalten werden, ist eine regelmäßige Überprüfung des Reinraums wichtig für seinen Qualitätsstandard. Dabei reglementiert die DIN EN ISO 14644-3 die verfügbaren Verfahren zur Prüfung von den Parametern in Reinräumen wie der Differentialdruck der Luft, die Strömungsprüfung, die Luftströmungsrichtung, die Temperatur und der Luftfeuchte. Im August diesen Jahres wurde die korrigierte Version veröffentlicht. Die Änderungen richten sich insbesondere an die Verantwortlichen für Aufbau und Betrieb von Reinräumen, sowie Herstellern von Einrichtungen und Zubehör für Reinräumen.

Die DIN EN ISO 14644-3:2020 ersetzt die 14-jährige DIN EN ISO 14644-3:2006-03. Die Änderungen umfassen insbesondere:

• den Abschnitt B.7. Er wurde vereinfacht und korrigiert. Dabei wurden erkannte Fehler behoben und tiefer auf die Komplexität eingegangen.
• die Leitlinien über die Klassifizierung der Luftreinheit anhand der Konzentration luftgetragener Partikel. Diese Leitlinien finden Sie nun in DIN EN ISO 14644-1 über die Reinheitsklassifizierung.
• die Vereinfachung des gesamten Wortlaut der DIN.

Die Änderungen verbessern die Verständlichkeit über die Durchführung der Leckprüfung am eingebauten Filtersystem und optimieren die Durchführung der Hilfsprüfungen.

Reinräume korrekt prüfen

Die Änderungen der DIN-Norm betreffen unter anderem die anzuwendenden Prüfungen.

Differentialdruckprüfung 

dient der Feststellung, ob die festgelegte Druckdifferenz zwischen dem Reinraum und seiner Umgebung, sowie zwischen einzelnen Reinräumen und Reinraumbereichen aufrecht gehalten wird.

Alt	- Nachweis ausgehend vom innersten Raum zum jeweils nächstliegenden Raum [1]
Neu	- Nachweis der Differenzdruckkaskade zwischen jedem einzelnen Reinraum oder reinen Bereich und zwischen allen klassifizierten Räumen die mit nicht klassifizierten Räumen oder der Umgebung in Verbindung stehen - Definition zulässiger Bereich und Grenzwerte - Durchführung einer Strömungsvisualisierung bei Unterschreitung des Toleranzbereiches [2]
Praxistipp	Wenn Sie bereits die Differenzdruckkaskade zwischen einzelnen Räumen und reinen Bereichen prüfen, erweitern Sie die Differentialdruckprüfung auf den gesamten Reinraumbereich.

Strömungsprüfung

umfasst die Feststellung der Geschwindigkeit und Gleichmäßigkeit der Luftströmung und der Zuluftvolumenströme in Reinräumen und reinen Bereichen.

Alt	- Messung der Geschwindigkeitsverteilung [1]
Neu	- Auswählen der Sondenrichtung entsprechend der Luftstromrichtung - Gewährleisten eines ausreichend langen Zeitraum für wiederholende Ablesungen - Aufzeichnung des Luftvolumenstroms - neue Formel über die Geschwindigkeit des Zuluftvolumenstroms - neue Formel zur Bestimmung der Gleichförmigkeit - neue Formel zur Berechnung der maximalen Abweichung der Geschwindigkeit angegeben - Nachweis der Genauigkeit für die jeweilige Art des Luftauslasses bei Verwendung einer Volumenstrommesshaube ggfs. Verwendung eines Korrekturfaktors. Der Korrekturfaktor basiert auf der Differenz der Referenzmessungen in der Luftleitung und unter dem Luftauslass. [2]
Praxistipp	Wenn bei der Nutzung einer Volumenstrommesshaube Ungenauigkeiten auftreten oder Abweichungen festgestellt werden, soll ein Korrekturfaktor bestimmt werden. Dieser resultiert aus der Messung der Luftgeschwindigkeit in der Luftleitung.

Luftströmungsrichtung und Sichtbarmachung der Strömung

weist das Vorliegen vordefinierten Strömungsprofile bzw. Strömungsrichtungen und der zugehörigen Gleichförmigkeit der Geschwindigkeit der Luftströmung nach.

Alt	- Tracerfadenverfahren zur Luftströmungsrichtungsbestimmung [1]
Neu	- Bedenken über die Genauigkeit des Tracerfadenverfahrens - Tabellarische Übersicht über die verwendbaren Materialien und Lichtquellen - Übersicht über in der Praxis angewandten Verfahren [2]
Praxistipp	Überdenken Sie einen Verfahrenswechsel! Praxiserfahrungen zeigen gute Ergebnisse für das Tracerinjektionsverfahren, welches die Luftströmung durch einen Prüfnebel sichtbar macht.

Erholzeitprüfung

bestimmt die Fähigkeit der Reinraumanlage, inwiefern sie die Konzentration luftgetragener Partikel bei Verdünnung reduziert.

Alt	- 100:1 Erholzeit Verfahren [1]
Neu	- Einführung der 10:1 Erholzeit als gleichwertiges Verfahren → verkürzte Messdauer, bessere Anwendbarkeit der Reinraumklassen ISO 8 und ISO 9) - Einführung oberer und unterer Grenzwerte - Bestimmung der Temperaturdifferenz zwischen Erholzeitmesspunkt und Lufteinlass [2]
Praxistipp	In den Reinraumklassen ISO 8 und ISO 9 kann bei Bedarf das verkürzte Verfahren verwendet werden.

Temperaturprüfung und die Prüfung der Luftfeuchte enthalten keine Verfahrensbeschreibungen mehr. Sie erfolgen nun nach der DIN-Norm ISO 7726. Es ergeben sich jedoch keine Änderungen in der Praxis.

Leckprüfung am eingebauten Filtersystem

Die meisten Änderungen ergeben sich für die Sicherheit eingebauter Filtersysteme. Da diese die besonderen Bedingungen des Reinraums regulieren, sind die Änderungen unbedingt von den Betreibern von Reinräumen einzuhalten.

Die wichtigsten Änderungen umfassen:

• die kontinuierliche Messung der Rohluftkonzentration.
• die Schwankung der Rohluftkonzentration darf ± 15% vom Mittelwert des Messzeitraums betragen.
• die Akzeptanzgrenzen für die lokale Penetration wurden um den Faktor 5 strenger. Bei H13 Filtern wurde sie auf 0,1% gesenkt, bei allen anderen Filtern auf 0,01%.
• der Faktor K wurde gestrichen.
• die Festlegung von N_a auf 0 oder 1, somit eine Festlegung von N_p auf 4 bzw. 5,83.
• die Nachmessung bei Leckverdacht über ≥ 10s empfohlen.  [2]

Praxistipps:

Die Messung nach N_a = 0 erfordert bei jedem Zählwert ≥ 0 eine Nachmessung von 10 Sekunden, sodass es aus praktischer Sicht nicht zu empfehlen ist.

Die Festlegung eines höheren N_a Wertes führt zu einer höheren Rohluftbeaufschlagung. Daher ist ein Mittelweg zwischen Nachmessungen und Rohluftkonzentration zu wählen, weil eine höhere Rohluftkonzentration die Einhaltung der Schwankungsbreite erschwert.

Beachten Sie die erhöhte Rohluftkonzentration durch die strengere Akzeptanzgrenzen!

Von der Erhöhung der Abtastgeschwindigkeit wird abgeraten, da es die Robustheit der Messung verringern würde. Prüfen Sie daher die technische Machbarkeit bei der Einführung des neuen Verfahrens.

Dieser Artikel umfasst nur die Auswirkungen der DIN-Änderung hinsichtlich der wichtigsten Messverfahren der Reinraumqualifizierung und der Durchführung des Filterlecktests in Reinräumen. Weitere detaillierten Änderungen können Sie der aktuellen Fassung der DIN-Norm entnehmen.

Weitere Informationen:

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Quellen:

[1] DIN EN ISO 14644-3:2020 – Reinräume und zugehörige Reinraumbereiche. Teil 3: Prüfverfahren

[2] DIN EN ISO 14644-3:2006 – Reinräume und zugehörige Reinraumbereiche. Teil 3: Prüfverfahren

Bimos: Was Sie über Reinräume wissen sollten.

Beuth: DIN EN ISO 14644-3:2020-08. Über dieses Produkt.

Öder, Oliver (2020): Die wichtigsten Änderungen der DIN EN ISO 14644-3:2020 und deren Einfluss auf Messverfahren und Technik, Testo Industrial Services GmbH.